Ein Pfau und ein Pechvogel
Mein Vermieter bringt mich ins Dorf zurück, damit ich etwas essen kann. Zum hinpilgern ist es eine ziemlich weite Strecke. Zudem verspricht er mir, mich um zehn Uhr abends wieder abzuholen. Was er prompt auch einhaltet. Vielen Dank. Im Restaurant angekommen, bestelle ich mir Salat und Pizza. Mit dem Kellner habe ich ein paar Verständnisschwierigkeiten, die man mit Händen und Füssen beilegen könnte.
Wie werde ich sie nur los
Da mischt sich schon eine Frau im mittleren Alter ein und versucht zu helfen. Dann will sie sich an meinen Tisch setzen. Unfreundlich will ich nicht sein und lasse es zu. Obwohl ich überhaupt keine Lust habe, denn ich vermute, dass sie ziemlich lästig ist. Meine Entscheidung bereue ich spätestens nach drei Minuten zutiefst. Die Alte quatscht mich voll und flirtet unentwegt. Richtig peinlich, dabei ist ihr Redefluss auch noch tröpfchenbehaftet, was ihr keine Bonuspunkte bringt. Etwa fünfmal sage ich zu ihr, dass ich zu arbeiten habe. Sie geht nicht darauf ein. Als sie dann noch einen Schnaps bestellt, der bis zum Himmel stinkt ist fertig lustig. Wenn jemand zarte Hinweise nicht versteht, muss man ziemlich direkt werden.
Sie ziert sich weiter und ich rufe den Kellner und teile ihm mit, dass dieses Weibsstück zu verschwinden hat von meinem Tisch. Übrigens hat sie ein weisses Kleid an. Mit rosafarbenen Rüschen und Schürzchen verziert. Auch im Haar hat sie diese vorsintflutlich anmutenden Bänder montiert. Sie schaut aus wie ein Pfau aus den 50ern.
Pechvogel darf nicht pilgern
Dann setzt sich ein hinkender Pilger nebenan zu Tisch. Wir kommen ins Gespräch und er erzählt mir seine unglückselige Geschichte. Er ist vom Attersee und möchte eine Auszeit nehmen um sich selbst zu finden. Sein Start ins Pilgerabenteur geht gründlich schief. Schon die Anreise misslingt. Sein Zug fällt aus und er verpasst den Flieger und übernachtet in der Flughafenhalle und nimmt am Morgen den nächsten nach Porto. Geschlafen hat er nichts und geht nach der Landung los und läuft 40 Kilometer. Am Ende des Tages hat er mehrere Blasen und muss sich beim Roten Kreuz verarzten lassen.
Tja, wenn man zwei Tage lang in den gleichen Schuhen steckt, sind diese nicht mehr staubtrocken. Seine Pilgerei ist nun mal für ein paar Tage aufgeschoben. Ein richtiger Pechvogel. Unten seht ihr ein Foto von den Blasen. Bitte nicht vergrössern, wenn man sowas nicht gerne sieht! Auf jeden Fall, hoffe ich für ihn, dass er bald wieder gehen kann.
Pilgern durchs Hinterland
Nach einer langen Nacht, ich schlafe bis in den späteren Vormittag hinein, geht es mit meiner Pilgerei weiter nach Viana do Castelo. Pudelwohl und frei von jeglichen Gedanken geht es über gepflasterte Strässchen. Die sind nicht angenehm zu gehen. Bald geht es aufwärts – herrlich – so kommt wenigstens mal wieder meine Pulsschlagader ein wenig in Schwung. Danach folgen schöne Waldpfade bevor es am Schluss noch a bisserl aufwärts geht. Nichts das dies wirklich wehtun würde, aber immerhin eine kleine Abwechslung zu den vergangenen drei Tagen. Da war kein Hügel weit und breit zu sehen.