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Bruchbude als Nachtquartier

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19. June 2019

Mein Zimmer ist eine bessere Rumpelkammer oder eher noch eine Bruchbude. Beim Reinkommen lege ich mein Handy auf den Tisch. Das ist ein Klapptisch, der an der Wand befestigt ist. Darunter steht ein Stuhl, den ziehe ich hervor. Es ertönt ein Knall und das Handy liegt am Boden. Der Tisch ist auf der einen Seite ausgehebelt und hängt nun herunter. Die Schraube wurde einfach in die Wand gedreht, ohne Dübel, ohne nichts. Das kann ja nicht halten.

An den Falschen geraten

Dann rufe ich die Rezeptionistin. Die ist sogleich hellwach und will mir die Kosten verrechnen. Sie tritt sehr arrogant und bestimmt auf und behauptet, ich hätte das kaputt gemacht. Da ist sie aber an den Falschen geraten. Wenn sie nicht einsähe, dass dies ihr Problem sei und das Ganze einfach auf Pfusch beruhe, können wir gerne die Polizei rufen, teile ich ihr mit. Da mässigt sie sich und will nur noch fünfzig Euro von mir. Auch das lehne ich kategorisch ab. Nach einer halben Stunde gibt sie auf.

Übrigens ist auch der Stuhl ziemlich hinüber und sich daraufsetzen probiere ich aus gesundheitlichen Gründen nicht aus. Danach verlasse ich das Hotel. Zum Glück habe ich etwas im Zimmer vergessen. Denn die Aussentür geht nicht auf. Der Kellner vom Lokal eilt mir zur Hilfe und schaut mich an, als ob ich der grösste Trottel auf dieser Welt wäre. Er braucht fast fünf Minuten bis er die Türe aufbringt. So viel zum Thema Trottel. Dafür bekomme ich einen anderen Schlüssel, dieser funktioniert einigermassen. Das Problem liegt eindeutig am Schloss selbst und sollte dringend ersetzt werden.

Kalte Speisen sind angesagt

Nach diesen Ereignissen bin ich leicht angesäuert und gehe etwas essen. Nigran ist jetzt nicht unbedingt ein Hotspot, also begnüge ich mit einem Thunfisch-Käse-Toast. Dieser kommt eiskalt daher. Als ich die Kellnerin frage, ob man dies auch heiss haben könnte, meint sie, das gehöre sich so. Habe ich natürlich nicht gewusst. Aber warme Speisen wären nach einem Pilgertag schon gut. Denn bisher war das meiste nur lauwarm zubereitet. Die Kellnerin erbarmt sich meiner und bringt mir später den Toast wieder. Zwar nicht heiss, aber immerhin in Zimmertemperatur.

Der Geist ist gesättigt

Nun bin ich für heute an tollen Erfahrungen bedient und lege mich ins Bett. Der kommende Tag zählt und nicht die Vergangenheit. Wenigstens kann ich schlafen, wobei ich ein wenig Bammel habe ins Bett zu steigen. Dieses überprüfe ich zuerst. Und es hält wirklich. Toll, wenigstens etwas.

Bereits relativ früh starte ich meine Pilgerei. Heute geht es nach Vigo. Knapp zwanzig Kilometer. Unterwegs nehme ich nicht viel wahr. Die Müdigkeit, nicht die körperlich sondern die geistige, übermannt mich. Bis jetzt bin ich schon über 600 KM gelaufen. Über eine Million Schritte gemacht und viele Eindrücke sammeln dürfen. Irgendwann wird das zuviel und man kann nichts mehr verarbeiten. Es ist einfach kein Speicherplatz mehr vorhanden.

Vigo, die Industriestadt

So trample ich vor mich hin. Den ganzen Tag über ist es bewölkt. Der Wetterbericht hat Regen prognostiziert. Bis am Nachmittag bleibt er aus. Heute hätte ich es nicht einmal wahrnehmen können, wenn ein Unwetter gewütet hätte. So abwesend bin ich am Weg unterwegs. Als ich Vigo erreiche, geht es noch durch die Vororte. Ziemlich hässliche Gegend. Viel Industrie und viel Verkehr. Die Troittoirs sind zugemüllt und mit Autos besetzt. So laufe ich im Zickzack und mehr auf der Strasse als auf dem Gehweg. Das ist nicht ungefährlich. Als ich im Zentrum ankomme, bin ich erst mal froh. Die Altstadt bietet ein bisschen etwas. Extra hierher fahren würde sich für mich definitiv nicht lohnen. Da gibt es schönere Plätzchen auf dieser Welt.

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