Via Lemovicensis

Endlich bin ich frei

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26. April 2018

Es gibt Pilger und solche die es sein wollen. Ich habe wirklich einen solchen kennen gelernt. Für mich heisst pilgern Respekt gegenüber Land, Leuten, Umwelt und anderen Pilgern zu haben. Diesen lässt so mancher vermissen. Jedenfalls war ich die vergangenen Tage mit Gerhard unterwegs. Jeden Morgen führt er das Gleiche auf. Zwischen sechs und sieben klingelte sein Wecker. Das ist auch ok so, nur steht er nicht auf, sondern bleibt noch mindestens eine Stunde liegen. In dieser Zeit kommt im Viertelstundentakt die Weckwiederholung. Keine Chance für andere weiterzuschlafen. Heute in der Früh hat er den Bogen überspannt und telefoniert lauthals im Bett. Ich sitz kerzengerade im Bett. Auf meine Aufforderung hin das zu unterlassen, meint er lapidar, er habe schlechten Empfang.

Zu früh gefreut

Für mich ist der Fall klar, ich muss den hinter mich lassen, sonst dreh ich durch. Also warte ich eine halbe Stunde und brech dann auf. Mein Plan ist, heute zwei Etappen zu meistern. Da dies 32 Kilometer sind, geh ich der Hauptstrasse entlang – da spar ich vier Kilometer ein. Leider habe ich vergessen, dass Gerhard keinen Führer hat (er hat den falschen gekauft) und orientierungslos unterwegs ist. Auf jeden Fall seh ich schon kurze Zeit später seinen gelben Rucksack. Er wartet auf mich, aber ich geh an ihm vorbei und versuche so schnell wie möglich an Land zu gewinnen. Was mir auch problemlos gelingt. Dieses Kapitel ist für mich nun hoffentlich abgeschlossen.

Der Kampf gegen die Strasse

So geh ich weiter und kämpfe mich über die Strassen – Es gibt definitiv schönere Wege. Trotzdem ist die Umgebung wunderschön. Riesige Weiden mit Charolais-Rindern, die für ihr wunderbares Fleisch bekannt sind, Pferde und auch Schafe sind zu sehen. Es ist ziemlich war heute, aber doch noch angenehm. Nach rund sechs Stunden komme ich endlich an, ich bin ziemlich fertig. 28 Kilometer sind im Moment eindeutig zu viel für mich. Ich steuere das Municipo an und frage nach einer günstigen Unterkunft. Jedenfalls versuchen sie mir zu erklären, dass ich auf den Campingplatz soll. Ich könne da günstig übernachten. Ein kleines hin und her, da ich den Tarif von 2.60 nicht glauben kann… (Sie können nur Französisch). Später sprech ich mit der Leiterin und sie bestätigt mir den Tarif. Also nichts wie hin und das mal anschauen.

Sauber, günstig und saukalt

Die gute Frau spricht Englisch, schon mal gut und zeigt gleich auf einen winzigen Caravan. Darin sind drei Betten für Pelerins wie mich. Ich habe ihn für mich allein und es ist sehr eng. Umdrehen kann man sich nicht. Zu dritt wird das sehr schwierig. Aber es ist sauber und das ist mir vor allem wichtig. Die Fenster bring ich nicht zu schliessen und Licht gibt es keines. In der Nacht wird es ziemlich kalt und ich friere bei rund zwölf Grad. Für Euro 4.40 inklusive Strom darf man nicht jammern. So günstig habe ich noch nie geschlafen.

 

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