Antoniusweg

Für jeden sein Ostergeschenk

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21. April 2019

Als ich den Waschsalon betrete, sehe ich eine jüngere Frau, die mit ihrer Wäsche beschäftigt ist. Während ich den Waschautomat so betrachte, spricht sie mich an, ob sie mir helfen könne. Ich bejahe natürlich. Sie erklärt mir das Ganze und ich stelle mich ein wenig dumm an – so gehört es sich als Pilger. Jedenfalls nimmt sie mir alsbald die Wäsche ab und sagt, ich solle in die Bar nebendran gehen. Sie erledige die Wäsche für mich und rufe mich dann. Nichts wie gesagt, raus aus der Lavanderia und hinein in die Bar. Eine Stunde später kommt Cristina, so heisst sie, mit der Wäsche herein und überreicht sie mir feierlich. Sie gibt mir noch den fürsorglichen Tipp, unbedingt waschen zu lernen, da nicht immer Hilfe bereit stehe. Weil ich ein povero Pellegrino sei, gibt sie mir noch ein paar Schockoeier, damit ich an Ostern auch eine Freude habe. Unglaublich diese Fürsorge um mein Heil. Niemals hätte ich gedacht, dass ich so unbeholfen auf andere wirk

Köstlichkeiten und Pannen

Anschliessend geht es an den Po. Da gibt es ein wunderbares Restaurant auf einem alten Fischerkahn. Tolle Aussicht und eine noch bessere Pizza erwarten mich. Nicht so wie am Tag zuvor, als ich eine Pizza in einem kleinen Lokal bekommen habe, als sei sie aus der Kebabbude. Jedenfalls schmeckt sie köstlich und ich geniesse den Abend. Im Dunkeln geht es zurück zum Hotel. Das ist ein schwieriges Unterfangen. Erstens laufe ich zuerst in die falsche Richtung, zweitens ist die Strasse ziemlich gefährlich (siehe Video). Nach fünf Zusatzkilometer erreiche ich wohlbehalten und froh meine Unterkunft.

Wüstentag ohne Oase zu erleben

Heute ist meine Stimmung ziemlich im Keller. Ich habe keine Lust zu laufen. Trotzdem gehe ich los, zuerst wieder an der vielbefahrenen Strasse. Aber tagsüber sieht man immerhin etwas. Danach wird es eine ziemlich öde Etappe. 13 Kilometer entlang des Pos und auch danach geht es fadengerade bis nach Ferrara. Menschen sind Mangelware. Fast niemand ist unterwegs.

Osterfest wird zelebriert

Als ich durch Francolino komme, werde ich Zeuge wie die Italos Ostern feiern. Das hat in diesem katholischen Land einen hohen Stellenwert und wird richtig zelebriert. Die Nonna kocht und die Männer stehen in den Gärten am Grill. Die Frauen tratschen und die Bambinis spielen. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Wer die Italiener kennt, weiss das dies eine ziemlich laute Angelegenheit wird. Danach wird geschlemmt. Ist auch dringend angesagt nach der langen Fasten- und Busszeit.

Ende gut, alles gut?

Für mich gibt es heute nichts zu feiern. Die Stimmung ist mies. Der Cammino will nicht enden und ich bin müde im Kopf. Pilgern ist für mich, wie wenn ein Ertrinkender festen Halt sucht. Manchmal ist er kurz vor dem Aufgeben, versucht es aber immer wieder. Nach endlosem pilgern, erreiche ich das Ziel trotzdem. Freude kommt trotzdem nicht auf, obwohl ich mich jetzt in Ferrara befinde. Die Radhochburg Italiens, gleichzeitig Unesco – Weltkulturerbe und zudem eine wunderschöne Stadt.

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