Wegsuche gestaltet sich schwierig
Anmerkung: Dieser Pilgerbericht stammt von Raphaela Maria Lüthi aus Winterthur. Sie ist begeisterte Pilgerin und erzählt uns hier von ihren Erfahrungen auf dem Camino Frances. Es folgen noch weitere Berichte. Viel Spass beim Lesen.
- Von Raphaela Maria Lüthi
Am 27.1.2020 sitze ich auf meinem gemütlichen Sofa in der warmen Stube. Mein fünfjähriger Sohn spielt mit seinem Playmobil, das er zu Weihnachten bekommen hat. Währenddessen blicke ich etwas ratlos in meinen Kalender, denn ab kommendem Sonntag habe ich eine Woche Urlaub. Es ist schwierig für mich zu entscheiden, wohin die Reise mich führen soll. Mein Kleiner fährt, während dieser Zeit, mit seinem Papa in die Berge zum Skifahren.
Pilgerluft schnuppern dürfen
In der Vergangenheit habe ich bereits ein paar Mal Pilgerluft schnuppern dürfen und war beispielsweise über Neujahr auf dem Camino di San’ Antonio unterwegs. Mein Ziel war ursprünglich diesen Weg fortzusetzen. Doch irgendwie ist mein Inneres dafür nicht bereit. Eine andere Option wäre einen Teil des Franziskusweg weiter zu gehen. Aber ich habe Respekt vor dem Wetter in den Bergen in dieser Zeit. Im Schnee zu pilgern ist nicht mein Ziel. Ich bin frustriert, denn meine Ideen bringen mich nicht richtig in Pilgerstimmung.
Der Camino Frances lockt mich
So recherchiere ich ein bisschen weiter und stoße auf den Camino Frances. Für mich selber dachte ich immer, man muss den ganzen Weg von Saint Jean Pied de Port nach Santiago laufen. Sechs Wochen, gespickt mit rund 800 Kilometer, sind für mich derzeit jedoch aus beruflichen und familiären Gründen nicht machbar. Zudem schreckt mich der Gedanke an die Pilgermaßen auf dem Camino etwas ab.
Je länger ich suche, desto neugieriger werde ich und sehe, dass man auch in einer Woche die letzten 115 Kilometer laufen kann. Zu dieser Jahreszeit sind angeblich auch nicht so viele Pilger unterwegs. Meine Passion auf den Camino ist geweckt und ich buche eilig ein Flugticket nach Spanien.
Lange Anreise nach Sarria
Endlich geht es mit gepacktem Rucksack los. Viel Gepäck habe ich nicht, rund sieben Kilo ohne Wasser sind eingepackt. Nur das Nötigste darf mit. Mein Flug führt mich von Zürich über Madrid nach Santiago. Das heißt, ich beginne meinen Pilgerweg sozusagen am großen Ziel. Spät am Abend komme ich mit dem Taxi im Hotel an. Das einfache aber moderne Hotel erwartet mich bereits.
Nach dem Frühstück geht die Reise weiter an meinen Startort nach Sarria. Da ich mich entscheide, am Ende wieder im selben Hotel zu übernachten, kann ich dort etwas Gepäck deponieren. Ich buche mir ein Zimmer mit Badewanne vor, damit ich mich auf dem Weg zum Ziel freuen kann. Der Gedanke an die Badewanne wird mir noch einige Motivationsmomente einbringen.
Netter Busfahrer erwartet mich
Da mein Bus erst am frühen Nachmittag fährt habe ich noch etwas Zeit mich in Santiago umzusehen. Ich genieße die wunderbare Atmosphäre, besuche die Kathedrale und besorge mir noch die typische Muschel und den Pilgerpass. Danach geht es weiter zur Busstation (Plaza Camilo Diaz Balino). Irgendwie ist es verdächtig leer hier. Es kommen nur lokale Busse an und es breitet sich ein ungutes Gefühl in mir aus. Bin ich an der richtigen Haltestelle? Das Ticket habe ich bereits gekauft, frage aber zur Sicherheit nochmals nach wo mein Bus abfährt. Ich erfahre, dass es im Untergeschoss noch weitere Haltestellen gibt. Da ich nur noch fünf Minuten bis zur geplanten Abreise habe, mache ich mich leicht hektisch im Eilschritt auf den Weg nach unten. Et voila – hier stehen alle überregionalen Busse. Der Chauffeur lacht mich an und winkt. Anscheinend verrät mein Rucksack bereits mein Ziel.
Frohen Mutes angekommen
Die Fahrt ist lange und führt über einen Umweg bis an die Küste von A Coruña. Erst denke ich, ich sitze im falschen Bus. Aber alles ist in Ordnung und es ist schön das Meer zu sehen. In Lugo steige ich um in den Zug nach Sarria. Ich bin sehr müde von der langen Anreise und entscheide mich unterwegs nicht mehr umzusteigen sondern für die letzten Kilometer ein Taxi zu nehmen. Das kostet mich 40 Euro dafür bin ich bereits am frühen Abend im Hotel. Zum Abschluss des Tages belohne ich mich im Restaurant mit leckeren Köstlichkeiten und genehmige mir ein wunderbares Glas Wein.