Heilige Bernadette sei gegrüsst
Endlich komme ich wieder in die Zivilation. Es geht auf nach Nevers, die Hauptstadt in diesem Departement und hat rund 40000 Einwohner. Die vergangenen Tage war ich in Ortschaften, wo sich höchstens Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Alles geschlossen, keine Menschen auf der Strasse, ziemlich tote Gegend. Am Morgen trinke ich noch mit meinem neuen Freund Pierre einen Kaffee, den er für mich ausgibt und wir haben noch einen kurzen Plausch. Dann geht es los – es ist heute ein richtig guter Tag – schönes Wetter und eine kurze Etappe. Es geht einsame Wege und Strässchen entlang und ich kann über Gott und die Welt sinnieren. Es ist eigenartig, Bei meinen ersten Pilgerreisen habe ich niemanden kennen gelernt. Seit vergangenem Jahr hat sich das ein wenig verändert. So treffe ich immer wieder auf Menschen, die mich ansprechen. Neue Erfahrung im Leben.
Einsame Landschaften
So geh ich vor mich hin und denk an zuhause, die Probleme mit mir selber und was ich tun kann, dass es wieder besser wird. Die Gedanken schweifen aber auch zu anderen Dingen hin. Früher mochte ich die Franzosen überhaupt nicht, sie waren für mich nur arrogant – Grande Nation eben. Nach ein paar Tagen hier, muss ich meine Meinung ein wenig überdenken. Ich habe festgestellt, dass sie sehr hilfsbereit sind. Sie geben immer Auskunft über den Weg, auch wenn das mit dem Englischen sehr schwierig ist. Aber mit Händen und Füssen geht es doch. Wenn man so dahin läuft, werde ich immer wieder angesprochen, ob ich Wasser möchte. So viel Hilfsbereitschaft ist nicht überall gegeben. Was mir auch noch auffällt, sie grüssen mich dauernd, ob Kinder oder Erwachsene – ein Bonjour kommt ihnen immer über die Lippen. Das ist bei uns zu Hause auch nicht mehr so verbreitet. Vielleicht liegt es an mir. Ich bin vielleicht demütiger geworden und wirke anders. Das kann ich selbst nicht beantworten.
Abwechslung vom Pigerleben
Jedenfalls komme ich flott voran und geniesse das schöne Wetter und freue mich auf ein bisschen Betrieb in der Stadt und ein gutes Essen. Unterkunft habe ich heute im Kloster Maison Saint-Gildard. Hier hat Bernadette Soubirous ihre letzten Tage auf Erden verbracht. In der Klosterkirche ist ihr unverweste Leib aufgebahrt. Die Heilige ist in Lourdes geboren und hatte insgesamt 18 Marienerscheinungen. Ausserdem gibt es bis heute 70 von der Kirche anerkannte Wunderheilungen. Die heilige Bernadette wurde 1934 heilig gesprochen. Auch sonst wird es noch einiges zu sehen geben. Ich freue mich jedenfalls.