Il Cammino di Santiago portoghese

Frei wie ein Vogel geht es leichter

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25. Maggio 2019

Nun bin ich glücklicherweise wieder frei wie ein Vogel und kann tun und lassen was ich will. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Pilgerdame auf diesem Jakobsweg nicht mehr treffe ist gross. Am Abend geht bei mir nicht mehr viel, vor allem weil ich einen Fastentag einlege. Heute morgen bin ich schon kurz nach sieben wach und beschliesse aufzustehen. Der Hauptgrund dafür ist der Lärm vom Zimmer nebendran. Eine Pilgerin, die ich schon kenne, macht einen Radau sondergleichen. Manchmal denke ich mir, alle tun nur das was ihnen einfällt. Rücksichtnahme schaut ein wenig anders aus. Dabei habe ich extra ein Einzelzimmer genommen und nicht die Pilgerherberge. Deshalb starte ich früh in den Tag und laufe los. Vor der Tür stolpere ich knapp über ein Pilgerpäärchen, das ich ebenfalls schon kennen gelernt habe. Sie wissen nicht so genau, wo es weiter geht und ich gehe mit ihnen zum Ausgangspunkt. Dort trinken wir noch einen Kaffee zusammen. Die beiden, Jorge und Way sind wirklich witzig, stammen aus New York und gehen ebenfalls nach Santiago.

Langer Weg erwartet mich

Danach trennen sich unsere Wege, sie wollen sich aber über den Blog bei mir melden. Die beiden sind ein wenig angeschlagen. Nach so einer Etappe wie gestern ist das auch verständlich. Sie wollen nur zehn Kilometer gehen. Danach kommen die nächsten Übernachtungsmöglichkeiten erst rund 20 Kilometer später. Für mich ist klar nur zehn Kilometer Pilgerei ist mir zu kurz, auf der anderen Seite nochmals eine so lange Etappe zu laufen, flösst mir Respekt ein. Deshalb denke ich mir, vielleicht finde ich unterwegs eine andere Bleibe.

Tour live GPS

Durch die Pampa pilgern

Die ersten paar Kilometer aus Alverca do Ribatejo heraus sind noch angenehm zu gehen. Danach folgt ein längeres Stück der Nationalstrasse entlang. Nicht wirklich toll inmitten der Fahrzeuge zu pilgern. Jakobswege verlaufen nicht immer an den schönsten Orten, das muss man in Kauf nehmen. Danach folgen ein paar Kilometer entlang des Meeres, die zwei Fischerorte queren. Bis dahin ist alles gut. Dann beginnt das Martyrium. Zwanzig Kilometer geht es mehr oder weniger gerade aus. Neben der Eisenbahn, durch die Pampa. Sehr eintönig und endlos erscheint mir mein Pilgerweg. Keine Abwechslungen, keine Überraschungen nur Monotonie. Zeit für mich zum meditieren. Auf diesen Strecken hat man viel Zeit in sich zu gehen und Gericht mit sich selbst zu führen. Die letzten Kilometer ziehen sich endlos hin. Man sieht kein Ende der langen Gerade. Schon fast zum verzweifeln. Der gestrige Tag sitzt in meinen Knochen und ich leide vor mich hin. Selber schuld: Ich habe mich freiwillig zum Jakobsweg entschieden. Trotzdem bin ich froh, alleine unterwegs zu sein. Irgendwann komme ich nach 32 Kilometer erschöpft – seelisch und körperlich – in Azambuja an.

Feilschen braucht Zeit

Glücklicherweise habe ich unterwegs die Unterkunft gebucht. Ein Einzelzimmer für 25 Euro. Das ist wirklich ok. Nur will meine Hausherrin nichts mehr davon wissen und verlangt 35 Euro, da es ein Zimmer mit drei Betten ist. Wahrscheinlich hat sie meine Reservation andersweitig vergeben. Nach einer halben Stunde gibt sie nach und gewährt mir den vereinbarten Preis. Trotz des Hin und Her, bucht sie für mich ein Zimmer für morgen. Da bin ich sehr dankbar. Denn die meisten Portugiesen, die ich mittlerweile kenne, sprechen kein Englisch und verstehen auch bei Italienisch nur Bahnhof. So ist es sehr schwierig für mich am Telefon etwas zu arrangieren.

Am Sonntag sollst du ruhen

Nach siebzig Kilometer in zwei Tagen, gehe ich es morgen ruhiger an auf dem Caminho Portugues. Die Länge der Etappen, wenn man sie laut Führer pilgert, sind viele 30 Kilometer und mehr. Ich habe Glück und ergattere mir eine Pension in der Mitte der Strecke. Das heisst rund 17 Kilometer pilgern. Am siebten Tag soll man bekanntlicherweise ruhen. Auf das freue ich mich. Und meine Pilgerfüsschen brauchen dies dringend. Heute bin ich trotz meiner Müdigkeit stolz auf mich. Zwei Tage nichts gegessen – Siebzig Kilometer gepilger – und ich lebe noch. Vielleicht gönne ich mir heute noch eine Wassermelone… Auf das habe ich jetzt wirklich Lust.

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